Themenabend Prävention sexualisierte Gewalt

Boris Kaminski war als Kind erfolgreicher Tennisspieler und Betroffener von schwerem sexuellem Missbrauch durch seinen Trainer. Über 30 Jahre danach spricht er öffentlich darüber.

Am vergangenen Freitag war Boris Kaminski Gast beim Themenabend Prävention sexualisierter Gewalt im Sport.  Der Kreissportbund Warendorf hatte in Zusammenarbeit mit den Jugendämtern im Kreis und der Fachstelle Schutz seine Mitgliedsvereine eingeladen, Boris Kaminskis Geschichte zu hören und sich darüber zu informieren, wie Sportvereine Kinder vor Missbrauch im Sportverein schützen können. 30 Vereinsvertreter*innen und 11 Ansprechpartner*innen von Jugendämtern, Kreisportbund und Kinderschutz waren vor Ort.

Boris Kaminski ist ein großer sportlicher Mann, in seiner Kindheit und Jugend erfolgreicher Tennisspieler, Basketballfunktionär und er hat eine Mission: Er erzählt offen seine Geschichte schonungslos und detailliert, damit das Tabuthema sexueller Missbrauch im Sport ein Gesicht bekommt, Multiplikatoren sensibilisiert und andere Kinder geschützt werden.

Im Alter von 10 Jahren wurde Boris von seinem damaligen Trainer entdeckt und auf Landesebene gefördert. Die Trainingseinheiten waren teuer und nicht im Wohnort. Der Trainer bot an, den Jungen im Auto mit zum Training zu nehmen.  Er wurde von der Schule abgeholt, verbrachte den Tag allein mit dem Trainer. Der Trainer baute langsam ein Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis auf. Seine Eltern waren für die Unterstützung dankbar.

Die Taten hätten sich langsam angebahnt, erinnert sich Boris Kaminski – von Küssen auf den Mund über das Duschen mit dem Trainer, wenn alle anderen Kinder schon aus der Halle waren, bis hin zu gemeinsamen Übernachtungen etwa bei Tennisturnieren. Dort habe es nach den Spielen eine Massage gegeben: „Und das dann erst mal immer in Unterhose. Und irgendwann wurde dann die Unterhose runtergezogen.“

Mehr als hundert schwere sexuelle Übergriffe habe er erfahren, schildert Boris Kaminski. Zwischen 10 und 13 Jahren alt sei er da gewesen. Wenn er sich gewehrt hat, wurde er gewaltsam gezwungen.

Er habe später versucht, die Erinnerungen an die Taten mit Alkohol wegzuspülen, auch andere Drogen konsumiert und extrem viel Sport getrieben, habe depressive Phasen gehabt und auch Selbstmordgedanken.

Nach Boris Kaminski gab es einige andere Opfer. Alle blond, athletisch, talentiert. Da Boris Kaminski selbst erst nach 30 Jahren die Taten angezeigt hat und die Opfer nach ihm keine Anzeige erstatten wollten, ist der Täter bis heute ohne Anklage.  

Während des Vortrages von Boris Kaminski konnte man eine Stecknadel fallen hören. Er schilderte detailreich und schonungslos den erlittenen Missbrauch. Die anwesenden 30 Vereinsvertreter*innen waren tief betroffen von seiner Geschichte. Zum Ende des Vortrages ermöglichte Kaminski Rückfragen aus dem Publikum.

Bei der Frage, ob er aktiv nach Hilfe gesucht habe, erklärt Boris Kaminski, dass er das nicht getan habe und sogar als er bei einem Turnier angesprochen wurde, ob alles okay sei, dieses bejaht habe. Aber er gibt Hinweise, wie Sportvereine es verhindern können, dass weitere Kinderseelen ‚ermordet‘ werden:

  • Sportler*innen sollten niemals allein mit Kindern sein, auch ein Fahrservice sollte nicht angeboten werden
  • Wenn Kinder sich komisch verhalten, sich im Geräteraum verstecken oder beim Training weinen, sprecht sie an, gebt ihnen Raum sich zu offenbaren
  • Aufeinander achten. Sprecht auch mit Trainerkolleg*innen und beobachtet euch. Es ist kein Problem, wenn man ein Kind tröstet oder nach dem Sieg sich mit einer Umarmung gemeinsam freut, aber diese Umarmungen dürfen nicht zu lang oder unangenehm werden.

Nach diesem sehr emotionalen Vortrag informierte Christa Kortenbrede von der Fachstelle Schutz über Zugänge zum Schutz. Bei der Fachstelle können sich Betroffene melden, aber auch Eltern, Trainer*innen, Vereine, wenn Sie Vermutungen zum sexuellen Missbrauch haben. Die Fachstelle berät auf Wunsch anonym und gemeinsam wird überlegt, welche gemeinsamen Schritte unternommen werden können.

In einer gemeinsamen Diskussionsrunde kamen die Mitgliedsvereine dann mit dem Kreissportbund Warendorf und den vertretenen Jugendämtern ins Gespräch. Dabei informierte Frank Schott, Präsident des Kreissportbundes Warendorf e.V., unter anderem darüber, dass das Thema Prävention sexualisierter Gewalt inzwischen in jeder Übungsleiter*innen Ausbildung verankert ist und dass der KSB im kommenden Jahr noch weitere Veranstaltungen zu diesem Thema plant. Konkret sind ein online Informationsabend zum Thema „Risikoanalyse und Schutzkonzept“ (17. Januar 2023, 20:00-21:30), eine Ansprechpartner*innen Schulung, sowie eine Schreibwerkstatt zum Schutzkonzept geplant.

 

Hinweis:

Ansprechpartnerin für Betroffene, Bezugspersonen und Fachkräfte im Kreis Warendorf:

Christa Kortenbrede Telefon: 02382-893136

Email: fachstelle-gegen-missbrauch@caritas-ahlen.de